Preisträger 2007
Giovanni di Lorenzo
Auszug aus der Laudatio von Helmut Ahrens
Zeitungsmann, Fernsehmann, Buchautor, kluger Berater, scharfsinniger
Redaktionsleiter: „Die Zeit“, „Der Tagesspiegel“, „Drei nach Neun“, drei
üppige Hochzeiten auf denen er nicht nur tanzt, sondern den Ton vorgibt.
Sein Motto für diesen Tanz: „Die Loyalität der Journalisten gehört nicht
einem Politiker oder einer Partei, sondern allein dem Leser. Dabei ist der
Journalist nur dann loyal, wenn er dem Leser gelegentlich nicht nach dem
Mund redet.“ Zwischen Medien und Politik, folgert und verlangt di Lorenzo,
muss Distanz herrschen. Seine beachtliche Zuwendungsfähigkeit, seine
Freundlichkeit, glaubt er, sei nur Wahl eines Mittels. Eisbrecher-Fragen
brächten nicht viel. Wer solch ein Blatt regiert, eine Wochenzeitung, die
Teil der Bundesrepublikanischen Geschichte ist und gleichzeitig modernes
Presseerzeugnis, braucht Behutsamkeit und Durchsetzungswillen, muss den
Geist des Blattes bewahren und doch den Wandel möglich machen.
„Lieber Zeit für Geist als Zeitgeist.“ Man solle ein Stück schon allein
der Sprache wegen lesen, so gut müsse es geschrieben sein, sagt er.
Es hat in der Bundesrepublik Deutschland nur selten Journalisten gegeben,
die beides in sich vereinten, den Sinn für die Notwendigkeiten des Marktes
und ein Gespür für kraftvollen, vitalen Journalismus. Es gibt legendäre
Ahnengestalten aus der Gründergeneration, wie Henri Nannen oder Rudolf
Augstein. Und es gibt den Ausnahmejournalisten Helmut Markwort, Gründer
einer jüngeren Generation. Und dann gibt es diesen Giovanni di Lorenzo,
immer noch jungenhaft wirkend, als sei er nicht der Veteran in der
Publizistik, der er ist.
Di Lorenzo ist kein Gründer, vielmehr ist er ein Ermöglicher, der das
Tradierte, das Gewachsene in die Zukunft trägt. Ein Zeitungsmann der auf
Altes vertraut, um Neues zu leisten.
Sein Rezept ist Vertrauen. Vertrauen in die Autoren, Vertrauen in den
Leser.
Di Lorenzo hat eine feste Vorstellung von der Aufgabe einer Zeitung: Sie
muss Orientierung bieten, mit einer sinnlichen Dimension, eine Oase des
Lesevergnügens sein. Frei nach John Locke: „Nichts ist im Verstand, was
nicht vorher in den Sinnen war.“ Tollkühne Sprünge, wie sie nur die
Zeitung wagt: Diskurs, Debatte, Information, geistige Anregung, optisches
Vergnügen; Lesefutter und Leselust. Qualitätsjournalismus eben!
Giovanni di Lorenzo, der Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“, hat
sich dieser hohen Schule der Publizistik verschrieben, mit Haut und
Haaren.